Kategorie: Nova Scotia

Goodbye Nova Scotia

Am letzten Tag in Nova Scotia, oder präziser ausgedrückt in Halifax, besuchen wir das Marine-Museum. Es ist beinahe erdrückend welche Schicksalsschläge die Stadt erleiden musste. Anfangs brachte jeder Krieg (amerikanische Unabhängigkeitskrieg, erster Weltkrieg und weitere) einen Aufschwung für die Stadt, doch dann das folgenschwerste Ereignis. Anfangs des 20sten Jahrhunderts explodierte, nach einem Zusammenstoss, ein französisches Munitionsschiff im Hafenbecken und forderte über 2’000 Menschenleben, vor allem Kinder die das brennende Schiff sehen wollten. Zudem gab es über 9’000 Verletzte und beinahe der ganze nördliche Teil der Stadt wurde zerstört. Das Militär richtete Notspitäler und provisorische Unterkünfte ein. Kaum zu glauben, aber am Tag nach der Katastrophe traf ein Blizzard die Stadt, so dass die Rettungs- und Aufräummassnahmen stark behindert wurden und die Menschen nun auch noch mit der klirrenden Kälte kämpfen mussten.

In der Ausstellung erfahren wir auch, dass es wegen der zerklüfteten Küste und dem unberechenbaren Wetter rund um Halifax einen regelrechten Schiffsfriedhof gibt und Nova Scotia die grösste Sammlung von Schiffswracks in Nordamerika hat. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern wie viele hundert gesunkene Schiffe es in dieser Region gibt, das wohl bekannteste von ihnen ist die Titanic. Übrigens die Titanic-Katastrophe ereignete sich nur rund 5 Jahre vor der Halifax-Explosion.

Am Nachmittag ist es Zeit für etwas leichtere Kost. Der wunderschöne Park The Public Gardens ist genau das Richtige dafür. Was für ein fantastischer Park mit Rosenbeeten, Teichen, alten Bäumen und Gänse denen es offensichtlich sehr gut geht.

Zum Schluss treffen wir am Hafen noch auf die Privateers Wharf. Die Privateers waren keine Piraten, sondern Freibeuter die mit Lizenz der englischen Krone Schiffe kaperten und deren Fracht beschlagnahmten. Die Ladung wurde dann versteigert und der Erlös zwischen dem englischen König, den Behörden und den Privateer-Schiffseignern aufgeteilt. So einfach geht das 😉 .

Interessant war es in Halifax und am Ende waren wir überzeugt, dass sich der Ausflug in diese Stadt durchaus gelohnt hat. Nun geht es zurück in unseren „Heimathafen Toronto“.

Halifax – Dartmouth – Halifax

Weiter geht es mit unserer Entdeckungstour in und um Halifax. Als erstes entschliessen wir uns mit der Fähre nach Dartmouth zu fahren, die Schwesterstadt von Halifax, die gegenüber der Hafenbucht liegt. Dies ist glaube ich die kürzeste Fahrt mit einer Fähre die wir je gemacht haben, die Überfahrt dauert nur circa 10 Minuten.

Dartmouth ist klein, sauber und beinahe menschenleer. Kaum zu glauben, dass hier einmal der Sitz einer Walfangfirma war, welche Kerzen, Seife und Tran produzierte. 😮 Tran! Du meine Güte – pfui pfui pfui – allein der Gedanke weckt „grusige“ Kindheitserinnerungen 🙁 die vergessen wir ganz schnell wieder. Wir schlendern durch die Gassen und finden eine der steilsten Strassen die wir je gesehen haben, ansonsten ist es „nett“ und ruhig. Da wir, ausser Starbucks, kein geöffnetes Kaffee oder Restaurant mit Garten finden, entschliessen wir uns wieder zurück nach Halifax zu schippern.

Es ist ein herrlicher Tag mit stahlblauem Himmel. Trotz hohen Temperaturen erklimmen wir den grünen Hügel von Halifax zur Old Town Clock vor der Zitadelle. Die Uhr ist ein haligonisches Wahrzeichen welches Prince Edward, Herzog von Kent, erbauen liess. Von hier oben hat man eine fantastische Aussicht auf die ganze Stadt. Viele junge Leute haben sich auf der Wiese versammelt, diskutieren, sonnen sich oder üben Saltos und andere Kunststücke.

Als wir weiter durch die Stadt schlendern fällt uns auf, wie viele Pubs, Jazzclubs, Bistros und Restaurants es hier gibt, das ist ja beinahe wie in der Schweiz 😉 . Eine weitere Kuriosität ist, dass die Autos hier in Nova Scotia nur Nummernschilder hinten am Auto haben, es gibt kein Auto mit zwei Schildern – hier gibt es wohl keine Radarfallen?

Übrigens, die Haligonians sind richtige Military Tattoo Fans. Seit mehr als dreissig Jahren findet in der Stadt die Parade jährlich statt. Wer also einmal nicht nach Edinburgh oder Basel möchte, kann die Parade auch in Halifax geniessen.

Halifax

Die Provinzhauptstadt Halifax erscheint auf den ersten Blick sehr verschlafen und sogar die Einheimischen, sie nennen sich Haligonians, behaupten, dass nur Dank den vielen Studenten etwas los ist und deshalb irgendwo immer eine Party stattfindet. Beim genaueren Hinschauen hat aber auch Halifax, neben der äusserst interessanten Geschichte, einiges zu bieten.

Am ersten Tag haben wir vor allem die Waterfront inspiziert, ein Fussgängerbereich der beinahe die ganze Länge von Halifax abdeckt. Hier ist einiges los, es gibt kaum etwas, was nicht verkauft wird und neben den vielen kleinen Shops finden wir auch eine Brauerei und eine Markthalle. Zudem gibt es in Wassernähe mehrere Museen mit den Themen über die Explosion in Halifax, dem Untergang der Titanic, über die Marine und ihre Schifffahrt und vieles mehr.

Ich kann es nicht genau erklären, wir haben beide das Gefühl, das Halifax ein merkwürdiger Ort ist. Irgendwie gelähmt und doch freundlich und aufmerksam, irgendwie veraltet und doch hat es etwas jugendliches, irgendwie traurig aber doch bunt und lustig, wir verstehen es nicht ganz und wir können uns nicht entscheiden, ob dies ein Ort ist, den man unbedingt gesehen haben muss. Vielleicht hängt es einfach damit zusammen, dass sich Halifax einige Male aufrappeln musste, sich zwar erholte, aber trotzdem nie mehr an die früheren Erfolge anknüpfen konnte.

Wir sind gespannt, was der nächste Tag bringt und ob wir Halifax besser verstehen.

DSC01668 DSC01669 DSC01671

Swissair Flight 111 Memorial

Ganz in der Nähe von Peggys Cove steht das eine der beiden Swissair Flight 111 Memorial und auf der anderen Seite der St. Margarets Bay, in Bayswater, befindet sich das zweite der beiden Denkmäler, das an die über 200 Toten des Absturzes einer MD-11 im Jahre 1998 vor der Küste erinnert. Ein so schöner Ort mit einer so traurigen Geschichte, herzliches Beileid an alle Betroffenen.

 

DSC01655 DSC01656 DSC01659 DSC01661 DSC01663 DSC01666

Von der spröden Dame bis zur Schönheit der Natur

Etwas nach neun Uhr treffen wir in der Stube von Suzan, der Hausdame, auf die anderen B&B-Gäste. Irgendwie herrscht peinliches Schweigen, wir wissen alle nicht wie es weiter geht, bis Susan uns auffordert am Tisch Platz zu nehmen, uns vorzustellen und sie dann beginnen wird das Frühstück zu servieren (ich komme mir vor wie in einem „smell-me-feel-me“ Kurs). Das Gespräch, zu Beginn noch sehr angestrengt, wird immer lockerer. Ein pensioniertes Ehepaar, beides Biologen aus den USA und ein frisch vermähltes, junges Ehepaar aus Toronto 🙂 wissen einiges zu erzählen. Und so wird aus dem angestrengten Austausch doch noch eine ganz interessante und lockere Unterhaltung.

Übrigens Suzan Hebditch, die Tochter eines Hoteliers, hat sich mit ihrem B&B (Bailey House Bed and Breakfast) ein Kindheitswunsch erfüllt. Bevor sie hierher kam, hatte sie die Position als CEO LibraryCo. der Toronto Lawyers Association inne. Ich hätte sehr gerne etwas mit ihr geplaudert, den sie scheint eine ausserordentliche Persönlichkeit zu sein. Leider hat sie kaum gesprochen und die Fragen auch nur sehr kurz beantwortet; ganz im Stil ‚ihr habt doch sicher noch einen weiten Weg vor Euch‘. Ich glaube das Bibliothekenwesen und die Einsamkeit hier, haben die elegante Dame etwas spröde werden lassen.

Unsere Reise führt uns zum Fischerdorf Peggys Cove, wo übrigens Canadas am häufigsten fotografierter  Leuchtturm malerisch auf einem Felsmassiv steht. Es ist ein idyllischer Ort, der Hafen ist im Kern des Ortes, zwischen ebenfalls farbenfroh gestrichenen Häusern, eingebettet und rund herum stehen Kunstwerkstätte und kleine Läden wo selbstgebasteltes, aber auch Souvenirs verkauft werden. Was für ein schöner Fleck Erde.

Annapolis Royal

Unser nächstes Reiseziel heisst Annapolis Royal. Klingt für mich etwas griechisch, liegt aber in der Mitte der Westküste von Nova Scotia. Es ist ein ruhiger, beinahe verschlafener Ort, wo heute nur noch etwas mehr als 400 Einwohner leben.

Weil es am Morgen in Lunenburg geregnet hat, haben wir uns entschieden etwas früher loszufahren um unsere Entdeckungstour auf der anderen Inselseite fortzusetzen. In Annapolis Royal haben wir, in einem kleinen B&B mit nur 4 Zimmern, eine Übernachtung gebucht. Da wir jedoch schon früh losgefahren sind, sind wir an Stelle von 4 Uhr bereits um 2 Uhr im B&B eingetroffen, was der Hausdame gar nicht gepasst hat, da sie sich noch nicht zurecht gemacht hatte. Uns war das total egal, wir waren ja schliesslich an der Umgebung interessiert.

Bis Mitte des 18ten Jahrhunderts war Annapolis Royal die Hauptstadt in Nova Scotia, heute ist dies Halifax. Von der damaligen Befestigungsanlage existieren noch die sternförmig angelegten, begrünten Erdwälle. Diese sind heute ein Paradies für  Spaziergänge, da man einen weiten Blick über die breite Flussmündung hat. Neben einigen Kanonen, einem Pulvermagazin, dem Offiziersgebäude gibt es hier x Friedhöfe. Die meisten von ihnen haben ein prächtiges Eingangstor, es gibt aber keinen Zaun um die Anlagen, ein seltsames Bild.

Weiter geht es nach Digby. Die Dörfchen, Häuser sind viel schlichter als an der Ostküste und die Fischerhäfen nicht sonderlich attraktiv, trotz anstehender Touristenhauptsaison. Trotz aller Schlichtheit, Digby ist der Heimathafen der grössten Flotte von Scallop-Fischern (Jakobsmuscheln). Die Muscheln sind eine international gehandelte Delikatesse und auch in Toronto findet man auf den Speisekarten immer wieder Digby-Scallops. Hier im Dorf bekommt man sie frisch zubereitet, nur schade, dass sie praktisch alle Fische und Muscheln „zu tode frittieren“. Unbegreiflich für uns!

Ein Naturspektakel das man unbedingt erwähnen muss, ist der Tidenhub in der Bay of Fundy. Dort misst man mit bis zu 16m zwischen Ebbe und Flut den höchsten Pegelunterschied der Welt. Das heisst, zuerst Wasser in Haushöhe und später ein Spaziergang auf dem Meeresgrund.

Spät abends kehren wir zurück in unser B&B. Frühstück gibt es exakt um 9 Uhr. Jawohl, wir haben verstanden 😉 .

Bluenose

Die Bluenose war ein Schoner, der vor dem 2. Weltkrieg praktisch alle Regatten der grossen Fischereisegler rund um Halifax gewann. Leider wurde die Bluenose in die Karibik verkauft, wo sie 1946 bei Haiti auf ein Riff lief. Anfangs der sechziger Jahre entstand in Lunenburg in derselben Schiffswerft ein unveränderter Nachbau auf der Grundlage der alten Konstruktionspläne, dies war die Geburt der Bluenose II. Dieser Zweimaster verfügt über gewaltige Segel, mit welchen das Schiff bis 16 Knoten (rund 30kmh) erreichen kann. Rennen fährt dieses Schiff zwar nicht mehr, jedoch werden für Touristen mehrtätige Segeltouren angeboten.

Um den neuen Sicherheitsbestimmungen gerecht zu werden, wurde im letzten Winter die Bluenose II leicht umgebaut. So wurde zum Beispiel das Ruder angepasst, mit dem Resultat, dass das Schiff kaum mehr steuerbar ist 🙁 . Was für eine Schande, jetzt müssen wir auf ein kleineres Boot ausweichen. Adrian, ich brauche nochmals eine Auszeit, um das nachzuholen 😉 .

Der Wettergott hat es aber zum Glück gut mit uns gemeint und uns prima Wind gebracht und so wurde unser Ersatzsegeltörn doch noch zu einem positiven Erlebnis. Und hier auf dem Schiff gab es sogar einen „Segelhund“ 🙂 .

Canadian_DimeAuch wenn die Bluenose keine Rennen fährt, ist sie doch sehr populär. Jeder Kanadier kennt sie, zumal sie auch auf der 10-Cent-Münze (dime) verewigt wurde.

 

 

DSC01544 DSC01545 DSC01560 DSC01562 DSC01565 DSC01570 DSC01574 DSC01559DSC01575 DSC01586 DSC01587 DSC01589

Weiter geht es mit der Reise

Ganz genau geht es in Richtung Provinz Nova Scotia. Zuerst wieder mit dem Flieger, diesmal nach Halifax, und dann per Mietauto nach Lunenburg, an der Ostküste von Nova Scotia.

Lunenburg liegt an einem fantastischen Naturhafen und ist ein bezauberndes, sehr buntes Städtchen mit viel Charme, Kultur und Geschichte. Mitte des 18ten Jahrhunderts wurde es vorwiegend von Schweizern und Deutschen gegründet. Von diesen Vorfahren merkt man allerdings kaum mehr etwas, ausser vielleicht, dass alles sehr sauber und gepflegt ist, fast wie im Appenzellerland. Lunenburg wurde nach den am Reisbrett entwickelten Plänen der Kolonialmacht schachbrettartig angelegt. Deshalb sind auch einige Strassen sehr, sehr steil … ja ja die Schreibtischtäter, keine Ahnung vom Gelände, aber genau wissen wie es funktionieren soll …

Es ist erstaunlich, wie viel Geschichte es hier gibt. Normalerweise sind die Kanadier schon stolz wenn sie ein Gebäude in gut erhaltenem Zustand präsentieren können, welches vielleicht knapp 100 Jahre überlebt hat. Viele der Holzhäuser hier in der Altstadt stammen noch aus dem 18. und 19. Jahrhundert und befinden sich in erstaunlich gutem baulichen Zustand. Das Schmuckstück Lunenburg wurde übrigens zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

Zum Nachtessen gibt es einen frischen, ganzen Hummer. Mmhh fein 😮 🙂 .

© 2024 Silvie in Toronto

Theme von Anders NorénHoch ↑